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Als paradigmische Fugenelemente werden solche bezeichnet, die formal mit dem Flexionsmuster des Erstgliedes übereinstimmen (aber dennoch keine grammatische Bedeutung haben): Gäns|e|fett, Held|en|mut, Antrieb|s|kraft, Tag|es|reise, Häus|er|meer, Herz|ens|angelegenheit. Als unparadigmische Fugenelemente werden solche bezeichnet, die im Flexionsparadigma des jeweiligen Erstgliedes nicht vorkommen: Schönheit|s|ideal, Schmerz|ens|geld. In der synchronen Wortbildungsanalyse ist das Fugenelement -en in Wörtern wie Hahn|en|schrei, Mond|en|schein, Schwan|en|hals unparadigmisch, historisch betrachtet jedoch paradigmisch, da diese Substantive früher schwach flektiert wurden.
Fugenelemente können verschiedene Funktionen haben:
Das Deutsche bevorzugt eine trochäische Struktur (betont – unbetont). Mit silbischen Fugenelementen können einsilbige Erstglieder in Komposita diese Struktur herstellen: Bett|en|zahl, Kind|er|fest, Land|es|haushalt, Herz|ens|lust. Unsilbische Fugenelemente bewahren eine (optimale) Struktur des Erstgliedes: Eiche|n|wald, Name|ns|tag.
In mehrgliedrigen Komposita kennzeichnen Fugenelemente die Hauptfuge: Hof|mauer, aber: Friedhof|s|mauer; Sicht|weise, aber: Vorsicht|s|maßnahme.
Bei bestimmten Komposita kennzeichnen Fugenelemente die Wortart des Erstgliedes.
In seltenen Fällen dient die Wahl verschiedener Fugenelemente für das gleiche Erstglied auch dazu, semantische Unterschiede deutlich zu machen.
Etwa 30 Prozent aller Komposita im Deutschen weisen ein Fugenelement auf. Auch bei Ableitungen treten manchmal Fugenelemente auf. Nicht alle Fugen können eindeutig durch Regeln erklärt/vorausgesagt werden, aber Fugenelemente können auch nicht willkürlich gesetzt oder weggelassen werden. Einige allgemeine Regeln oder Tendenzen sind hier im Folgenden ausgeführt.
Besonders bei Komposita mit verbalem Erstglied verzichtet man in der Schweiz häufig auf das Fugenelement -e: Bad|meister, Blas|balg, Säg|mehl, Wart|saal, Zeig|finger. Auch in anderen Komposita kann die gemeindeutsche e-Fuge fehlen: Maus|loch, Laus|mädchen. Zur Tilgung von -e statt Ergänzung von -n kommt es zum Beispiel bei Adress|aufkleber, Baustell|besichtigung, Tann|ast, Sonn|seite, Schatt|seite. In Österreich und zum Teil auch in Süddeutschland sind solche Wörter teils sowohl mit als auch ohne Fugenelement geläufig.
Im österreichischen Deutsch fehlt in einigen Fällen das sonst übliche Fugen-s, zum Beispiel in Komposita mit Advent- (Advent|kranz); ebenso im Schweizerhochdeutsch: Abfahrt|zeit, Beileid|karte, Ausland|aufenthalt. Andererseits ist in Österreich und zum Teil auch in Süddeutschland und der Schweiz die Verwendung eines Fugen-s besonders nach Gaumenlauten häufiger als im übrigen Sprachgebiet: Abbruch|s|arbeit, Fabrik|s|gelände, Gelenk|s|entzündung, Gepäck|s|träger, Werk|s|arzt, Zug|s|abteil, Pracht|s|bau.
Im gesamten süddeutschen Sprachraum heißt es (auch) Schwein|s|braten, Rind|s|braten. Nach Erstgliedern auf -nahme wurde früher österreichisch regelmäßig das -e getilgt und eine s-Fuge gebildet: Aufnahm|s|prüfung, Einnahm|s|quelle; heute sind diese Formen eher als veraltend anzusehen. Völlig ungebräuchlich sind inzwischen Formen mit -ens wie in Fabrikant|ens|gattin oder Arzt|ens|witwe.
Durch behördliche Sprachregelung kommt es besonders in der Rechtssprache zu Unterschieden beim Fugenelement. Fachsprachlich heißt es Einkommen|steuer, Vermögen|steuer, allgemeinsprachlich eher mit Fugen-s: Einkommen|s|steuer, Vermögen|s|steuer. Weitere Varianten bestehen zum Beispiel bei fachsprachlich Schaden|s|ersatz, Halt|verbot, Schuld|erlass gegenüber allgemeinsprachlich Schaden|ersatz, Halt|e|verbot, Schuld|en|erlass.
Ein andere Stilebene wird Wörtern durch das Verwenden von älteren Fugenformen verliehen: Mond|en|schein / Mond|schein, Mai|en|nacht / Mai|nacht, Wald|es|rand / Wald|rand.
Bei zahlreichen Erstgliedern eines Kompositums gibt es für die Fuge zwei gleichwertige Varianten, zum Beispiel: Haushalt|debatte oder Haushalt|s|debatte, Verband|kasten oder Verband|s|kasten, Vorort|zug oder Vorort|s|zug, Rechtsanwalt|kanzlei ider Rechtsanwalt|s|kanzlei.
Literatur: