Diskussion:paradieren

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Herkunft

Es ist nicht sinnvoll, die jedweder etymologischer Angaben entbehrenden Wortbildungsangaben bei Canoo als Herkunftsangaben heranzuziehen und sie so mit den Ergebnissen etymologischer Recherchearbeit auf eine Stufe zu stellen, wie sie Pfeifer/DWDS, dem Herkunftsduden oder anderer Fachliteratur (etwa Jones, Lexicon of French Borrowings 1575-1648, 1976) zugrundeliegen. Canoo wendet augenscheinlich auf alles, das es in die Hände bekommt, etablierte Wortbildungsmuster an; etymologische Wörterbücher zeichnen demgegenüber den sprachlichen Entwicklungsgang des Lexems (eben: seine Herkunft) im Einzelfall nach. Man hölt das Konzept belegorientierter Arbeit aus, wenn man sachlich ungeeignete Belege heranzieht und damit vermeintliche Alternativetymologien, über die sich in Wahrheit nie jemand vertieft Gedanken gemacht hat, in Wörterbucheinträge einbaut. Das hat nichts mit "Meinungsvielfalt abbilden" zu tun, sondern mit unsauberer Quellenarbeit. Wortbildung ist nicht dasselbe wie Wortherkunft/Etymologie. Nicht jedes Lexem wird aus bestehenden Lexemen gebildet. In der Darstellungsform von Canoo kann schon strukturell nie etwas von einem französischen Lexem entlehnt werden (dann wäre es ja keine Wortbildung mehr); das höchste der Gefühle ist die Konstruktion fiktiver Stämme (siehe unten), die mit der Sprachgeschichte regelmäßig in keinerlei Zusammenhang steht.

Wie die Canoo-Wortbildungsanalysen generiert werden, bleibt dunkel, Töpel (2013: 203) spricht bei dem Dienst jedenfalls von einer "automatische Wortbildungsanalyse", was sich mit meinem Eindruck deckt. Die einzige manuelle Kontrolle, die Canoo auf seiner Seite zusagt, ist, dass ein "Lexikographenteam unter der Leitung von Dr. Stephan Bopp" die Einträge "einzeln in die Datenbank aufgenommen" hat (wobei eine "Prüfung" nur in Einzelfällen erfolgte); wie die Wortbildungsanalyse generiert wird, wird nicht gesagt. Und ohnehin ist Wortbildung, ich wiederhole mich, auch nicht mit Etymologie gleichzusetzen. Wenn man Canoo fragen würde, ob dort die "Herkunft" von Lexemen erklärt wird, würden sie das wohl auch selbst verneinen.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass es natürlich(!) auch massenhaft eklatante Widersprüche zwischen der Wortbildungsanalyse von Canoo und der Etymologie gibt, wie sie in Herkunftswörterbüchern angegeben ist. Um nur ein paar Beispiele zu nennen, alle von einer einzigen Wörterbuchseite: Diskrepanz wird von Canoo auf diskrepant zurückgeführt, obwohl ersteres schon viel früher belegt ist (siehe Deutsches Fremdwörterbuch) – auch hier widersprechen Wörterbücher wie Herkunftsduden, Wahrig Fremdwörtlexikon und Deutsches Fremdwörterbuch. Dasselbe Spiel bei Diskurs, angeblich von diskurrieren, gegen Deutsches Fremdwörterbuch (diskurrieren überhaupt erst später nachgewiesen), Duden Fremdwörterbuch, Wahrig Fremdwörtlexikon, Kluge, Pfeifer. Diskussion wird von Canoo auf diskutieren zurückgeführt, wieder gegen den Rest (Deutsches Fremdwörterbuch, Herkunftsduden, Wahrig Fremdwörtlexikon, Kluge, Pfeifer). Diskurrieren ist nach Canoo eine Zusammensetzung aus dis- und dem fiktiven Wort kurrieren, was die Frage der Wortherkunft nicht beantwortet, auch weil kurrieren semantisch zu überhaupt gar keinem Wort passt. Wenn überhaupt, hätte man diskurrieren von Diskurs abgeleitet. Die Herkunftswörterbücher sprechen derweil von einer Entlehnung von französisch discourir, sehen also erst gar keinen von Canoo suggierten Zusammensetzungsprozess innerhalb des Deutschen.

Warum meine Korrektur rückgängig gemacht wurde, ist also unverständlich. Qualitativ hochwertige Herkunftsangaben erhält man nur durch die Berücksichtigung sinnvoller Belege. —Pajz (Kontakt) 00:34, 7. Jan. 2020 (MEZ)Beantworten

ich habe Canoo und seine Angabe wieder aufgenommen. Wir wollen gerne möglichst alle Quellen bei der Herkunft angeben. Manchmal sogar offensichtlich falsche, bzw stark diskussionswürdige. Siehe Hilfe:Herkunft. Wir legen nicht fest, welche Quelle stimmt. Wir sammeln. Was ein Leser irgendwo in einer offiziell zugelassenen Quelle findet, soll er auch hier finden können. Und - vergleichen können, mit anderen Erläuterungen.
Auf der jeweiligen Diskussionsseite zum Eintrag ist Platz, Wertungen abzugeben und diese mit anderen zu diskutieren. Es ist manchmal so, dass sich abolut alle einig sind, dass etwas 'falsch' ist. Dann schreiben wir im Artikel so etwas wie: 'bei Canoo findet sich die Angabe/Behauptung, dass' oder 'X vertritt die alternative Auffassung, dass' oder 'bei Y findet sich der umstrittene Ansatz, dass'. Ich hatte es auch mal, dass wir drei verschiedene Erläuterungen hatten, die jeweils zu ihrer Zeit 'richtig' waren und dann von der Forschung überholt wurden. Natürlich geben wir solch Wissen sehr gerne weiter, keiner käme auf die Idee, nur die neueste zuzulassen und den Rest zu löschen.
Danke für deine inhaltlichen Ausführungen. Sie sind wichtig, und ich vermute mal (ich kann es nicht wissen), dass alles stimmt, was du sagst, weil deine Beiträge bisher sehr fundiert waren. Nur - es geht hier nicht um Auswahl der 'richtigen' Herkunft, sondern um Aufzeigen der Bandbreite der Erklärungen. mlg Susann Schweden (Diskussion) 09:15, 7. Jan. 2020 (MEZ)Beantworten
Susann Schweden, wie schon oben auseinanderposamentiert, ist hier gar nichts umstritten, auch wenn du es so darstellst. Wenn Pfeifer und Duden sich widersprechen, dann, bitte, ja, möge man den Widerspruch darstellen – das ist gut und hilfreich und nützlich. Die Wortbildungsanalyse irgendeines Computerprogramms (so jedenfalls Töpel ibid.) ist allerdings keine Herkunftsangabe, sondern eine Übung im Zerlegen von Lexemen. Wenn jemand die Etymologie gar nicht recherchiert hat, kann daraus nicht sinnvollerweise ein hier zu dokumentierender etymologischer Meinungsstreit konstruiert werden. Dies eben doch zu tun, ist nicht qualitätsstiftend, sondern beschädigt die Qualität des Eintrags. Der Leser muss sich darauf verlassen, dass die Autoren hier mit einem sinnvollen Belegapparat zu Werke gehen. Im Übrigen, ich darf mich wiederholen: Canoo behauptet, soweit ersichtlich, selbst gar nicht, die Etymologie/Herkunft anzugeben. Das Umetikettieren von Canoo-Wortbildungsangaben als Wortetymologie ist mithin eine (letztlich im Grunde selbst belegbedürftige) Behauptung deinerseits. (Vgl. auch Haß 2005: 114: „Zudem wird vermutlich der Laienmeinung Vorschub geleistet, die Wortbildungszusammenhänge mit etymologischer Verwandtschaft und diese mit Bedeutungsverwandtschaft identifiziert.“) —Pajz (Kontakt) 15:54, 8. Jan. 2020 (MEZ)Beantworten
Kritik an den Wortbildungsanalysen von Canoo ist nichts Neues (z. B. hier von Ivan). Allerdings haben die meisten Benutzer, die solche äußerten, im Gegensatz zu Ivan ihre Tätigkeit im vorliegenden Projekt oder wie ich Äußerungen dieser Kritik aufgegeben. Dadurch stellen sie aktuell und wahrscheinlich auch in Zukunft keine Mehrheit dar. Aus einem Steakhaus wird durch Kundenbefragung selten ein vegetarisches Restaurant. Gruß und vielen Dank für Deine fundierte Kritik, die mir oft aus der Seele spricht. Ich selbst versuche mich zurzeit nach Möglichkeit zurückzuhalten, da meine Diskussionsbeiträge oft als provokant empfunden werden, Peter -- 17:19, 8. Jan. 2020 (MEZ)Beantworten
Pajz, wie kommst du immer wieder auf Etymologie zurück? unser Herkunft ist ausdrücklich keine reine Etymologie, steht so und mit Absicht und nachgedacht in der Hilfe:Herkunft. Wir haben deshalb häufig 2 Zeilen in der HK etymologisch/strukturell. Sprächen wir nur über Etymologie, hättest du natürlich recht, dann kann 'von Parade' keine korrekte nachgewiesene Etymologie zu paradieren sein. Aber es ist eben eine 'strukturelle' Information, die in einem hier anerkannten Canoo steht. Hier wurde das so beschlossen, und nun können Canoo Angaben problemlos zitiert werden. Wenn sie im Einzelfall 'falsch' ist, kann man sich an Canoo wenden. Ich persönlich schreibe öfter mal an Duden, wenn ich was finde, was falsch ist. Die sind nett und antworten per Email und nehmen es in ihre To-do-Liste auf.
Aber, aber, aber, aber zurück zu uns hier: wir sind populärwissenschaftliches Sammelbecken mit einem hohen Anspruch an Qualität. Aber Sammelbecken. Die wiki-Ideologie, wenn du so willst, ist zu zeigen, was es so gibt, wie Sprache verwendet wird, was unterschiedliche Quellen so sagen. Hier kriegst du im Idealfall den breitesten Einstieg zu einem gewählten Lemma. Von hier kannst du dich in die unterschiedlichsten Richtungen vertiefen: interessiert dich das Reimen zum Geburtstag, die Etymologie, das Nachschlagen einer gehörten Erklärung? Name it and you hit it, also im Idealfall der Vollständigkeit, den es nicht geben wird. Aber das ist leuchtendes Ziel am Horizont.
ach ja und die Laienmeinung, die du oben ansprichst: nichts einfacher, als klärendes Wissen in die Herkunft aufzunehmen, und es für alle zugänglich zu machen, wenn man es belegt: zb entgegen einer naheliegenden Vermutung haben x und y nichts miteinander zu tun. Herkunft hier ist mehr ein Aufsatz zu Vergangenheit und Gegenwart, Abstammung und Nähe, angereichert mit 'siehe auch'. Für mich persönlich ist es das Tolle hier: belegt findet alles seinen Platz und macht die Menschen klüger, auch fitter für Diskussionen. mlg Susann Schweden (Diskussion) 17:36, 8. Jan. 2020 (MEZ)Beantworten