Storch

Dieser Eintrag war in der 10. Woche des Jahres 2011 das Wort der Woche.

Worttrennung:

Storch, Plural: Stör·che

Aussprache:

IPA:

Hörbeispiele:  Storch ^(Info)

Reime: -ɔʁç

Bedeutungen:

Zoologie, speziell Ornithologie: (vornehmlich in feuchten Niederungen Nord- und Mitteleuropas lebender und oft auf Bäumen und Hausdächern nistender) großer, kräftiger, langhalsiger Stelzvogel (Ciconia) mit weißem und (braun)schwarzem Gefieder, einem sehr langen, zumeist roten Schnabel und langen, roten Beinen, der im Herbst nach Afrika und Indien zieht

Ornithologie: eine Vogelfamilie (Ciconiidae), die nicht nur in den Tropen und den Subtropen, sondern bis in die gemäßigten Zonen verbreitet ist

umgangssprachlich: langbeinige Person

umgangssprachlich: Persönlichkeit von hohem gesellschaftlichen Rang

umgangssprachlich: altes Auto

umgangssprachlich, zumeist als »Frau Storch«: Hebamme

Namibia, umgangssprachlich: Mädchen

Herkunft:

Das Wort ist ein seit dem 10. Jahrhundert bezeugtes Erbwort aus den mittelhochdeutschen Formen storch ^→ gmh, storche ^→ gmh, storc ^→ gmh, storke ^→ gmh (vergleiche auch mittelniederdeutsch stork ^→ gml und mittelniederländisch storke ^→ dum), die ihrerseits auf althochdeutsch storah ^→ goh zurückgehen. Die althochdeutsche Form sowie altnordisch storkr ^→ non und altenglisch storc ^→ ang entstammen letztendlich der (nicht belegbaren, aber rekonstruierten) germanischen Form *sturka- m „Storch“. Die Etymologie kann in zwei Richtungen gehen:

1) Das Wort könnte zu »starr«, »Sterke« und so weiter gehören. Der Vogel wäre nach seinem stelzenden Gang benannt. Es läge also entweder eine Verbalbedeutung „stelzen“ zugrunde, die zwar nicht belegbar, aber aus den verwandten Wörtern ohne weiteres zu erschließen ist, oder eine Metapher aus einem Wort für »Stock«. Hieran könnte über die mittelalterliche Bedeutung „männliches Geschlechtsglied“ die Sage angeschlossen werden, dass der »Storch« die Kinder bringt (ein nur germanischer Glaube).

2) Die nicht unproblematische Annahme, die (erschlossene) indogermanische Wurzel *sṛ + Konsonant habe im Germanischen die (erschlossene) Form *stur- + Konsonant ergeben, würde einen in der Tat schlagenden Vergleich ermöglichen mit griechisch πελαργός (pelargos^☆) ^→ grc „Storch“ — dies aus (erschlossenem) indogermanisch *pelawo-sṛgo-, dessen Vorderglied vielleicht ein Farbwort ist — und eventuell altindisch सृजय (sṛjayá-) ^→ sa, der Name eines Vogels.^[1]

Diese Bedeutung ist seit dem 19. Jahrhundert bezeugt.^[2]

Bezeugt seit 1920 bezieht sich diese Bedeutung ursprünglich auf einen »General«, da die Uniformhosen der Generäle breite rote Streifen hatten.^[2]

Von der Jugendsprache in die allgemeine Umgangssprache übernommen, ist diese Bedeutung seit 1955 bezeugt. Der übertragene Sinn, der ihr zugrunde liegt, fußt auf dem an Storchenlaute erinnernden lauten und ausdauernden Klappern als unüberhörbares Verschleißmerkmal alter Kraftfahrzeuge.^[2]

Dieser Ausdruck ist seit 1900 bezeugt. Die Bedeutung fußt darauf, dass man Kindern weismachte, der »Storch« habe sie ins Elternhaus gebracht.^[2]

Synonyme:

in Märchen und Fabeln, volkstümlich scherzhaft: Adebar, Gevatter Langbein, Langbein, Meister Adebar, Meister Langbein

kindersprachlich: Klapperstorch

Namibia: Chick/Tschick

Gegenwörter:

Greisin, Alte, Olle

Weibliche Wortformen:

Störchin

Verkleinerungsformen:

Störchlein

Dialekt Störchle (süddeutsche Mundart)

Oberbegriffe:

Schreitvogel, Stelzvogel, Zugvogel, Vogel

Schreitvögel, Ciconiiformes

Unterbegriffe:

Abdim/Abdimstorch/Regenstorch (Ciconia abdimii), Höckerstorch (Ciconia stormi), Maguaristorch (Ciconia maguari), Orientalischer Weißstorch/Schwarzschnabelstorch (Ciconia boyciana), Schwarzstorch (Ciconia nigra), Weißstorch (Ciconia ciconia), Wollhalsstorch (Ciconia episcopus)

Großstorch (Ephippiorhynchus), Jabiru (Jabiru mycteria), Klaffschnabel (Anastomus), Marabu (Leptoptilos), Nimmersatt (Mycteria)

Beispiele:

Der erste Storch ist heimgekehrt.

„Ein Storch segelt auf Höhe der Fenster.“^[3]

„Noch klapperten die Störche auf dem Scheunendach, aber bald würden sie sich sammeln und nach Süden fliegen.“^[4]

Die Störche tragen, anders als die Reiher, den Hals im Fluge gestreckt.

Ich finde diesen Storch bleddy oulik. — Ich finde dieses Mädchen sehr nett.

Mein Storch wird das nicht liken, wenn ich eine andere Chick tjaafe. — Mein Mädchen/Meine Freundin wird ganz bestimmt etwas dagegen haben, wenn ich mit einem anderen Mädchen anbändele.

Redewendungen:

umgangssprachlich scherzhaft: wie ein Storch im Salat, wie ein Storch durch den Salat (gehen, laufen, …)

umgangssprachlich: der Storch hat angerufen, der Storch hat angeläutet

familiär scherzhaft veraltend: vom Storch ins Bein gebissen sein, der Storch hat sie ins Bein gebissen

umgangssprachlich: dich hat wohl ein Storch gebissen?

umgangssprachlich: sich etwas beim Storch bestellen

umgangssprachlich: der Storch hat Hochsaison

umgangssprachlich: der Storch klappert schon

umgangssprachlich: beim Storch gewesen sein

umgangssprachlich: vom Storch überfallen werden

umgangssprachlich: da brat mir einer einen Storch!, da brat’ mir einer ’nen Storch! oder jetzt brat mir einer einen Storch!, jetzt brat’ mir einer ’nen Storch!

umgangssprachlich: du kannst mir einen Storch braten!

Glaub' ruhig weiter, dass der Storch die Kinder bringt!

umgangssprachlich: Storch im Salat

umgangssprachlich: einen Storch haben

umgangssprachlich: abbestellter Storch

umgangssprachlich: gefesselter Storch

umgangssprachlich: gelenkter Storch

umgangssprachlich: schneller Storch

Wortbildungen:

Storchennest, Storchenpaar, Storchenparkplatz, Storchenschnabel/Storchschnabel

Storchbein (→ storchbeinig), storchen (→ bestorchen), Storchenbiss, Storchengang

Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. 6. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-05506-7 , Seite 1623.

Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. In: Digitale Bibliothek. 1. Auflage. 36, Directmedia Publishing, Berlin 2006, ISBN 3-89853-436-7 , Stichwort »Storch«.

Joe Pütz: Das grosse Dickschenärie. Dickschenärie I & II Kommbeind Riekonndischend Gemoddifeid und Gesuhpt. 1. Auflage. Peters Antiques, Swakopmund 2001, ISBN 978-9-991-65046-3 , Seite 54, 142, 153.

Wikipedia-Artikel „Störche“

Wikiquote: Zitate zum Thema „Storch“

Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Storch“

Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Storch“

Uni Leipzig: Wortschatz-Portal „Storch“

The Free Dictionary „Storch“

Quellen: